Annes Weg weg vom Reiten

Ich begann mit 8 Jahren auf einem Reiterhof meine Zeit mit Pferden zu verbringen.

Irgendwann habe ich mir mehr gewünscht als nur einmal die Woche Reitstunden zu nehmen. So habe ich über ein paar Umwege im Nachbarort in einem Rennstall die Möglichkeit gefunden die Pferde zu pflegen und nach kurzer Zeit beim Training zu helfen und auch mit zur Rennbahn zu fahren. Mit meinen 12 Jahren fand ich das alles ganz spannend und hatte anfänglich viel Spaß. Obwohl man sagen kann, dass dort die Pferde im Gegensatz zu vielen anderen Rennpferden ein ziemlich gutes Leben führten, immerhin durften sie auf eine große Wiese, wurden auch mal spazieren gefahren und haben so auch mal was anderes als nur die Rennstrecke, habe ich irgendwann festgestellt, dass das was den Pferden im Training und erst recht im Rennen angetan wird, nicht gut sein kann.

Um nur ein Beispiel zu nennen: ich wollte eine Stute adoptieren, die im Rennen nicht gut genug war, der Besitzer vertröstete mich von einem Rennen aufs nächste, um verschiedene Dinge auszuprobieren. So wurde zum Beispiel zusätzlich zu einem Riemen, der verhindert, dass das Pferd den Kopf runter nehmen kann (ein gängiges Ausrüstungsteil), eine Stange am Kopf befestigt, die verhindert, dass das Pferde den Kopf zur Seite nehmen kann. Im darauf folgendem Rennen wurde zusätzlich ein Riemen angeschnallt, der verhindert, dass der Kopf höher kann und irgendwann wurde dann noch die Zunge am Unterkiefer festgebunden.

Nach dieser ganzen Tortur, die übrigens nichts gebracht hat, durfte ich sie dann endlich übernehmen und sie brauchte nie wieder ein Rennen gehen. Allerdings war diese Stute nie mehr besonders nett zu Menschen und hat lieber ihr Ding gemacht.

Irgendwann bin ich dann hier gelandet, wollte alles besser machen. Kindern das nette Reiten beibringen, immer darauf bedacht den Pferden dabei nichts zu tun, nicht an den Zügeln ziehen, weil es dem Pferd im Maul weh tut, nicht mit den Hacken treten, immer viel loben und ganz nett sein. Trotzdem wollten sich manche Pferde nicht einfangen lassen oder haben die Ohren angelegt, wenn man mit dem Sattel kam, hatten nicht mal mehr Lust sich putzen zu lassen.

Jetzt wo sie nicht mehr zum Reiten geholt werden, kommen sie gerne zu einem, finden putzen toll und gehen auch gern eine Runde spazieren.

Für einen Außenstehenden sieht es vielleicht so aus, als hätten die Pferde Spaß an dem, was sie für uns tun, aber selbst dem Rennpferd hat man nicht angesehen, wie es ihm dabei ging. Pferde leiden stumm und zeigen uns leider erst sehr spät, wenn es ihnen nicht gut geht. Da sie Fluchttiere sind, müssen sie ihren Feinden gegenüber immer Gesund und Stark wirken, deshalb merkt man einem Pferd Unwohlsein und Schmerz kaum oder erst sehr spät an.

Jetzt könnte man fragen, was hat das Rennpferd mit dem Reitpferd zu tun? Vielleicht hat es ja ein Privatpferd, das nur mal spazieren geritten wird, besser, aber wo zieht man die Grenze? Ist es OK, wenn der Freizeitreiter mit seinem Pferd mal auf ein Turnier geht? Ist es dann auch noch OK, wenn ein Berufsreiter mit Turnieren sein Geld verdient? Und wäre es dann nicht auch noch OK, wenn man ein Pferd für Geld Rennen laufen lässt? Alles fängt damit an, dass der Mensch denkt, dass das Pferd für unsere Unterhaltung da ist und er daraus Profit schlagen kann.

In den meisten Reitschulen werden die Pferde nur noch wie ein Gegenstand behandelt, der dazu da ist Geld zu erwirtschaften. Ein Kind nach dem anderem, das Pferd Runde um Runde und das stundenlang und sieht oft nichts anderes als Box und Reithalle. So ging es auch den Schulpferden in meiner Ausbildung zur Pferdewirtin. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass niemand je das Pferd nach seiner Meinung gefragt hat.

Um diesen Kreislauf zu unterbrechen, müssen wir davon weg kommen, Pferde als unsere Reittiere zu sehen.